Schweizerische Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik
Société Suisse de Radiobiologie et de Physique Médicale
Società Svizzera di Radiobiologia e di Fisica Medica
Swiss Society of Radiobiology and Medical Physics

Bulletin 3/2002 (Dezember 2002)
Bulletin 3/02

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Professor Wolfgang Horst (1920-2002)

Am 15. Juli 2002 ist Professor Dr. Wolfgang Horst in Zürich verstorben. Ein Vertreter und Gestalter der Fächer Radiotherapie und Nuklearmedizin ist im Alter von 82 Jahren von uns gegangen. Geboren am 28. August 1920 in Oldenburg/O. wurde er nach dem Abitur 1939 in den Arbeits- und Wehrdienst eingezogen. Von 1940 bis zum Wintersemester 1944/45 studierte er Medizin an der Universität Hamburg. Dort erhielt er 1954 die Fachanerkennung in Röntgenologie und Strahlenheilkunde und im gleichen Jahr erlangte er die Venia Legendi. Als Oberarzt baute er die Radiotherapie und die Nuklearmedizin der Klinik Hamburg-Eppendorf aus. 1960 wurde er in Hamburg außerplanmäßiger Professor. Mit Beschluss vom 26. Juli 1962 berief ihn der Regierungsrat als Ordinarius ad personam für Radiotherapie und Nuklearmedizin und als Direktor der Radiotherapeutischen Klinik und Poliklinik des damaligen Kantonsspitals nach Zürich. Der Amtsantritt erfolgte zum Wintersemester 1963/64. Den aufstrebenden Gebieten Strahlentherapie und Nuklearmedizin verschaffte er im eigentlichen und übertragenen Sinn den benötigten Raum: Seine klaren, überzeugend vorgetragenen Vorstellungen und die Erfahrungen aus Hamburg führten zu einer raschen Realisierung des Hochvoltbaus (1967 bzw. 1969/70) und des Nukleartraktes (1970). Seiner Weitsicht ist es zu verdanken, dass auch heute in denselben Grundmauern eine moderne Strahlentherapie und Nuklearmedizin betrieben werden können. Ebenso hat er der Lehre und Forschung Raum verschafft. Die Praktika gehörten zu den bestorganisierten und gut besuchten Lehrveranstaltungen. Sein technisches Flair und seine Kontakte zu Firmen und wichtigen Personen eröffneten uns Assistenten in der Weiterbildung Tore in die Welt. Kollegen, Gäste und wir waren immer wieder gepackt und beflügelt vom Charme und von Visionen im (vielleicht zufällig begonnenen) intellektuellen Gespräch. Wer als Patient diese Seite erfahren durfte, fühlte sich bereichert und war sicher, dass ihm das Beste für die Heilung oder Diagnose dank dem Wirken von Professor Horst zufließen konnte. Nähe und Vertrautheit wurden für ihn immer wieder Last. Unverstehbar löste und distanzierte er sich von Mitarbeitern. Solche Ungewissheit für heranwachsende Kader sprengte mehrmals die sich entwickelnden Strukturen und hat zu den amtlichen Interventionen 1967 und zur vorübergehenden Amtseinstellung 1972 geführt. Von 1973 bis zur Emeritierung am 15. Oktober 1987 hat es Horst verstanden, die Strahlentherapie technisch und in den Konzepten zu fördern, rechtzeitig aber auch von Entwicklungen Distanz zu nehmen (Neutronenprojekt). Mit Stolz erinnere ich mich an die ersten computerberechneten Pläne, die wir als Papierstöße im Rechenzentrum der Universität abholen konnten, an den ersten Ganzkörper-CT, der für die Strahlentherapie angeschafft wurde, bevor die Diagnostik am Kantonsspital über ein solches Gerät verfügte. In der Nuklearmedizin waren Gammakameras und PDP-11-Rechner Ausgangspunkt für kardiologische Studien, die bei den Aktivitäten von Andreas Grüntzig (Ballondilatation der Koronargefäße) zeitgerecht die pionierhaften Ergebnisse objektivieren konnten. Die Schilddrüsendiagnostik und -therapie blieb während der ganzen Zürcher Zeit ein Forschungsschwerpunkt und hat wesentlich zum Namen der Klinik in aller Welt beigetragen. In Erinnerung bleibt eine außergewöhnliche Persönlichkeit und das Gefühl von etwas Tragischem: die Tragik bei ihm, mit höchster Intelligenz das Fach einzuschätzenund voranzubringen, das Vertrauen in Menschen seiner Berufswelt aber nicht finden zu können; die Tragik bei Mitarbeitern, mit allem Einsatz, Können und Wollen in sein Wirken nicht integriert und von Anerkennung und Verantwortung ausgeschlossen zu werden. An dieser Last haben Familien oft schwer mitgetragen. Die Jahre nach der Emeritierung wurden stille Jahre. Die anfänglichen persönlichen Besuche in der Klinik, das Interesse für Fakultätsangelegenheiten wurden selten. In Stille verliess er diese Welt in Zürich, das ihm in 40 Jahren vertraut wurde und das ihm lieb blieb.

Urs Martin Lütolf

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